„Hamburg ist das Tor zur Welt. Aber eben nur das Tor“. Pointierter als Karl Lagerfeld kann man es nicht zusammenfassen. Doch nicht nur der Modeschöpfer hat uns verlassen, auch das Tor verblasst und verliert stark an Glanz und Gloria. Zumindest hat man als Besucher der Sündigen Meile diesen Eindruck.
Ein scharfes und schnelles Gericht Wir haben jüngst einen kleinen Ausflug in die Hansestadt unternommen. Die Anreise mit dem Auto ist immer noch beeindruckend. Vor allem, wenn man über die Elbbrücken fährt. Da kann man schon etwas Fernweh bekommen, ob der vielen Frachter, die ihre Waren in alle Welt verteilen. Trister wird dann der obligatorische Spaziergang über die Reeperbahn. War das früher auch schon so schlimm? Unser Sohn sagte, das Beste am Kiez sei der Penny-Markt. Über den gäbe es eine tolle Dokumemtation auf YouTube. Was ist aus Kalle Schwensen, Lamborghini-Klaus oder der Nutella-Bande geworden? Da hatten die Gangster noch Stil! Wir waren jedenfalls etwas erschrocken, wie sich die Reeperbahn und ihre Nebenstraßen heute präsentieren: Elend an jeder Ecke und die Stimmung irgendwie, heute würde man sagen: „so passiv-aggressiv“. Auch die grölenden Gruppen spätpubertierender Dörfler treten übergriffiger auf. Da waren wir damals doch zurückhaltender unterwegs: Wer auf Klassenfahrt ganz mutig war, lugte verstohlen in die Herbertstraße. Wurde man dann freundlich ermuntert, doch einfach mal hereinzuschauen, zog man schnell den Schwanz ein und drehte sich verschämt um.
Auch kulinarisch ging es in den Bordellen einst hoch her. Vielleicht nicht unbedingt in der unterkühlten Hansestadt, aber in Italien. Das zumindest legt ein Gericht nahe, dass namentlich den Prostituierten gewidmet ist: Spaghetti alla puttanesca, also nach Art der Huren. Ein schnelles, selbstverständlich scharfes Nudel-Gericht.
Angeblich entstand die legendäre Pasta, weil die Damen der Etablissements einen genüsslichen Quicki für die kurze Pause suchten. Dafür verwendeten sie Zutaten, die lange haltbar waren. In den Fünfzigerjahren wurden die italienischen Bordelle vom Staat betrieben und die Prostituierten durften ihr „Casa Chiusa“, also das „geschlossen Haus“ nur einmal in der Woche zum Einkaufen verlassen. Ich habe mir noch eine andere Geschichte überlegt: Wurde der ein oder andere Freier nach dem Besuch des Bordells von der Gattin erwischt und zur Rede gestellt, entschuldigte er seinen Ausflug mit der Begründung, er sei nur wegen der leckeren Pasta dort gewesen. Eine schlüssige Erklärung, denn die Sauce ist unglaublich lecker.
📖 Rezept
Für 2 Portionen
- 200 g Spaghetti
- 2 Knoblauchzehen
- 2 Sardellen
- 8 schwarze, gereifte Oliven
- 1 EL Kapern
- eine Chili
- 300 g passierte Tomaten
- Salz
- Pfeffer
- Zucker
- getrockneter Oregano zum Abschmecken
- Reichlich Olivenöl zum Anbraten
Die Spaghetti in kochendem Salzwasser bissfest garen. In der Zwischenzeit die Knoblauchzehen abziehen und in sehr feine Scheiben, die Chili entkernt in Ringe schneiden. In einer Pfanne bei mittlerer Hitze reichlich Olivenöl erhitzen – den Boden bedecken – und darin die fein geschnittenen Knoblauch- und Chilischeiben sowie die Sardellen anbraten, bis letztere zerfallen sind. Die Oliven gegebenenfalls entkernen, in Scheiben schneiden und zusammen mit den Kapern und den passierten Tomaten zugeben. Mit Salz, einer Prise Zucker, Pfeffer und Oregano abschmecken. Die gekochten Nudeln gut abtropfen lassen und unter die Sauce mischen. Sofort servieren.
Um meinem Bildungsauftrag gegenüber der jüngeren Leserschaft gerecht zu werden, schließe ich die heutige Kolumne mit dem legendären Witz von Iris Berben und Diether Krebs: