Teil 21: Das Ende der Temperatur-Jonglage

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Torsten Kluske

Ein gefülltes Ei reist um die Welt.

Geht man zu den Anfängen zurück, war ein Herd eine Feuerstelle: Der Begriff stammt vom althochdeutschen Wort für Erde ab. Und das ergab durchaus Sinn: Man grub ein Loch, legte Holz hinein und entzündete ein Feuerchen. Über der Glut wurde dann gegrillt oder gekocht. Aus der umbauten Feuerstelle wurde ein Backofen und da dessen Oberfläche so heiß wurde, dass man darauf einen Topf mit Wasser zum Kochen bringen konnte, war unsere moderne Definition eines Herds geboren: Unten Backofen, oben Kochfeld.

Im Laufe der Jahre trennten sich einige Herd-Pärchen und lebten als Singles weiter. Auch räumlich fand die Trennung statt, denn der feine Herr Backofen zog es vor, auf Augenhöhe in den Küchenschrank eingebaut zu werden. Auch technisch gesehen vollzog die Bratröhre in den letzten Jahrzehnten eine rasante Entwicklung. Das geht so weit, dass bei richtigen Angeber-Geräten eine Kamera im Garraum erkennt, was gerade in den Ofen geschoben wird. Das entsprechende Garprogramm wird wie von Geisterhand eingestellt und die Köstliche Intelligenz überwacht den Garprozess mit einem Bräunungssensor.

Die größte Entwicklung fand jedoch fast unbemerkt in einem schleichenden Prozess statt: Stellte man anfangs die gewünschte Temperatur noch in Stufen ein, so ist es heute selbstverständlich, eine konkrete Temperatur vorzugeben. Die Rezeptangabe: „Den Kuchen bei mittlerer Hitze backen“ ließe einen stutzig werden und nachfragen: „Bei wie viel Grad?“

In dieser Hinsicht wurden Kochfelder lange Zeit recht Stiefmütterlich behandelt. Die Vorgabe einer „mittleren Hitze“ beim Braten in einer Pfanne ist bis heute eine selbstverständliche Vorgabe, über die man nicht stutzig wird. Man nimmt hin, beim Kochen irgendwo zwischen Stufe 5 und 9 herumzueiern, um die ideale Temperatur zum Kochen oder Braten zu finden. Und es hat auch seinen Grund, warum hinter den Ziffern keine konkrete Temperatur hinterlegt ist. Denn diese ist auf einem Kochfeld wesentlich schwieriger zu bestimmen, als in einem Backofen.

Installiert man im Garraum eines Backofens ein Thermometer, erfährt man auf recht einfache Art die dort herrschende Temperatur. Möchte man dagegen die Hitze in einer Pfanne ermitteln, sind einige Hürden zu nehmen. Zunächst muss ein Thermometer unterhalb der Glasscheibe des Kochfelds platziert werden. Dort misst man die Temperatur, um daraus Rückschlüsse auf die Hitze im darüber befindlichen Kochgeschirr zu ziehen. Kein leichtes Unterfangen, denn es gibt viele Unbekannte, die der Temperatursensor nicht kennt: Wie groß ist der Topf und wie dick dessen Boden, um nur zwei Variablen zu nennen. Ganz abgesehen von den Zutaten, die gegart werden: Legt man ein dickes Stück Fleisch in eine Pfanne, kühlt diese schnell ab und benötigt viel Energie, um wieder auf Temperatur zu kommen.

Technisch gesehen ist die Lösung ein möglichst präziser Sensor in Verbindung mit einem komplexen Rechen-Algorithmus. Dieser wird mit den Messwerten gefüttert und regelt den Rest. In der Praxis bedeutet das: Das Kochfeld übernimmt wie von Zauberhand das gradgenaue Heizen. Vergleichbar ist das mit dem Tempomat im Auto: Bergauf wird Gas gegeben, um die eingestellte Geschwindigkeit zu erreichen, bergab wird gebremst.

Auf der IFA Berlin, die dieses Jahr ihren hundertsten Geburtstag feierte, hatte ich unter anderem die Aufgabe, ein solches Kochfeld zu präsentieren und war schon nach kurzer Zeit ziemlich begeistert: Es lässt sich mit dem Thermomat völlig stressfrei arbeiten. Einmal eingestellt, wird die Temperatur ziemlich exakt gehalten. Das ist z.B. hilfreich, wenn man etwas in Butter brät, da diese ab 160 °C schon verbrennen kann.

Wenn Sie zuhause noch keines dieser Schlauberger-Kochfelder eingebaut haben, müssen Sie für das nun folgende Rezept etwas mit der Temperatur jonglieren oder sie verwenden Butterschmalz anstelle der Butter. Die verbrennt nicht so schnell.

📖 Rezept

Armer Ritter Röllchen

  • 8 Scheiben Sandwich-Toast
  • 100 g Himbeermarmelade
  • 100 g Crème fraîche
  • 2 Eier
  • 50 ml Milch
  • Prise Salz
  • 100 g Zucker mit 1 TL Zimt (Ceylon)
  • Butterschmalz zum Braten

Um dem altbackenen Gericht, das schon zur Römerzeit bekannt war, etwas Pfiff zu verleihen, habe ich frisches Toastbrot verwendet und diese eingerollt.

Die Rinde abschneiden und die Scheiben mit dem Nudelholz plattieren. Dünn mit Crème fraîche und Marmelade bestreichen und fest zusammenrollen. In einer flachen Schale Eier und Milch mit einer Prise Salz verquirlen. Die Röllchen kurz darin benetzen und sofort in einer heißen Pfanne mit reichlich Butterschmalz rundherum anrösten. Auf Küchenpapier entfetten und in einer Schale mit Zucker und Zimt wenden.

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