Beef Tatar wird geschnitten, nicht geritten.
HU!… HA!… HU!… HA!… *
Sie haben es sicherlich erkannt: Es geht in der heutigen Ausgabe um Dschingis Kahn. Zumindest, wenn man die Geschichte des heutigen Gerichts großzügig interpretiert. Der Mongolenführer hatte nicht nur „Beef“ mit anderen europäischen Stämmen, er brachte auch seinen Kulturbeutel mit. Der befand sich beim räuberischen Ritt unter dem Pferdesattel und war mit Fleisch vom Ochsen gefüllt. Auf den langen Eroberungsritten wurden nicht nur die Feinde, sondern auch das berittene Fleisch mürbe gemacht. Und so wurde der Legende nach, das zunächst zähe Fleisch, zart wie Filet und konnte roh verzehrt werden.
Der Haken an der Geschichte: Die Fleischfasern werden durch diese Prozedur gar nicht unbedingt kürzer, also zarter. Und nur das hilft entscheidend, damit rohes Fleisch zum Genuss wird. Der lang gerittene Reifeprozess würde das Fleisch vorwiegend dadurch verändern, dass Enzyme bestimmte Proteine darin lockern und lösen. Die Sattelmassage wäre dafür aber nicht nötig. Es würde völlig ausreichen, das Ochsenstück über den Pferderücken zu legen. Je nach Außentemperatur ist es dann nach 4-21 Tagen zart. Roh verzehrt wäre der Biss hinein aber immer noch kein großer Genuss.
Es gibt einen viel leichteren, eleganteren Weg: Zerschneidet man das Fleisch in kleine Würfelchen, werden die langen Proteinketten durchtrennt und zart. Und dafür nimmt man keinen Fleischwolf oder kein Hackebeil, wir sind schließlich keine Barabaren, sondern ein scharfes Küchenmesser.
Doch zurück zu den Tataren. Das rohe Rindsgericht fand im Laufe der Zeit seinen Weg in die französischen Bistros und Restaurants und so gelangte das Beefsteak à la Tatare zu immer größerer Popularität.
Auf die Idee, ein Ei auf dem Gehackten anzurichten, ist sicherlich nicht Dschingis Khan gekommen. Nur ein Idiot würde die Eier unter dem Sattel auf dem Fleisch transportieren. Das wusste schon der große Escoffier und daher ist seine Version des „Beefsteak à la Tatare“ nicht nur ohne Ei, sondern auch sonst recht puristisch gehalten.
Beef Tatar wird eben geschnitten, nicht geritten.
📖 Rezept
Für 2 Portionen als Vorspeise
- 200 g Rinderfilet aus dem Mittelstück
- ½ Zwiebel
- 2 TL Kapern
- 2 TL fein gehackte Petersilie
Für die Sauce Tatar
- 1 Ei (Größe M hartgekocht)
- 1 EL Branntweinessig (5%)
- 2 EL Wasser
- 200 ml Rapsöl (neutral schmeckende Sorte)
- 2 EL Schnittlauch (in Röllchen geschnitten, frisch oder TK)
- Salz und Pfeffer aus der Mühle zum Abschmecken.
Für eine vegetarische Variante kann man das Fleisch einfach durch kleine Würfel von gegarten Rübchen ersetzen.
Das Rinderfilet mit einem scharfen Messer in dünne Scheiben, diese in entsprechend dicke Streifen und schließlich in Würfel schneiden. Wer ein Lineal zur Hand hat: eine Kantenlänge von 0,3 mm wäre perfekt. Das Gehackte auf zwei Portionen aufteilen und auf zwei Tellern mittig anrichten. Wer hat, kann dafür einen kleinen Servierring verwenden.
Kapern, Petersilie und die halbe Zwiebel sehr fein hacken und miteinander vermischen. Separat in einem kleinen Schälchen neben dem Tatar servieren. In ein zweites Schälchen etwas Sauce Tatar füllen und dazustellen.
Für die Sauce das hartgekochte und abgekühlte Ei pellen und in einen Mixbecher füllen. Essig, Wasser und Schnittlauchröllchen dazugeben und mit einem Mixstab glattmixen. Alles kräftig mit Salz und Pfeffer abschmecken. Dann weitermixen und in einem dünnen Strahl 200 ml Rapsöl einarbeiten, bis die Sauce eine ähnliche Konsistenz wie Mayonnaise hat. Ein kleiner Hinweis zum Original-Rezept: Escoffier verarbeitet in seinem Rezept der Sauce nur das Eigelb und er nutzte offensichtlich auch keinen Mixstab.
Am Tisch schmeckt jeder sein Tatar selbst ab.
Ein begleitendes Getränk ist schnell ausgemacht:
Lasst noch Wodka holen (hohoho)
Denn wir sind Mongolen (hahahaha)
Und der Teufel kriegt uns früh genug!
*Urheber: Ralph (jun.) Siegel, Bernd Meinunger