Teil 31: Die Adventszeit naht und es wird schonmal vorgeglüht

Picture of Torsten Kluske

Torsten Kluske

Glühwein mit großem Gewürz-Latinum

Gewürzter Widerspruch. Wenn ich richtig liege, ist das die korrekte Übersetzung des von Apicius in seinem Werk „Über die Küche“ (De re coquinaria) erwähnten römischen Glühweins. Vielleicht liege ich auch falsch, denn ich stand schon im Lateinunterricht mit De Bello Gallico auf Kriegsfuß: Wer in den von Caesar beschriebenen Kriegen als Sieger aus der Schlacht hervorging, war in meinen Übersetzungen dem Zufall überlassen. Trotzdem habe ich mich bis zum Großen Latinum durchgewurschtelt und so möchte ich gelegentlich rufen: „Lassen Sie mich durch, ich bin Arzt!“

Ähnlich paradox kommt auch der gewürzte Wein des erwähnten, römischen Kochs daher. Das Getränk trägt den klangvollen Namen „Conditum Paradoxum“ und das Paradoxe daran können eigentlich nur die ungewöhnlichen Zutaten sein: Im Gegensatz zum heute üblichen Weihnachtsmarktgebräu sind weder Zimt noch Sternanis im Rezept zu finden. Stattdessen wird teils recht bizzar ans Werk gegangen: mit Pfeffer, Lorbeerblättern, Dattelkernen, Safran und Mastix. Vollendet wird das Ganze mit Holzkohle, die den Wein „entbittern“ soll. Wie genau das gelingt, wird von Apicius leider nicht beschrieben. Vielleicht ein ähnlicher Prozess, wie das Filtern eines Tennessee Whiskeys mit Holzkohle. Abgesehen davon, wird die Zubereitung recht detailliert beschrieben. Hier ein Auszug des Originalrezepts. Keine Sorge, die Übersetzung stammt nicht von mir, auch wenn man das hinsichtlich der Zutaten und Mengen glauben könnte:

📖 Rezept

Zubereitung von paradoxem Gewürzwein 15 Pfund (5 kg) Honig werden zu zwei Sextarien (1 Liter) Wein in ein Bronzegefäss gegeben, so dass du den Wein zu einer Honigbrühe einkochst […] Dann gib 4 Unzen (110 g) Pfeffer dazu, 3 Skrupel (3-4 g) gemahlenen Mastix, je eine Drachme (4-5 g) Lorbeerblätter und Safran, 5 geröstete Dattelkerne samt der vorher in Wein eingeweichten Datteln, vorher aber gibt nach Menge und Anzahl soviel Wein dazu, dass man eine milde Gewürzmischung erhält. Wenn das alles fertig ist, gibt 18 Sextarien (10 Liter) milden Weines dazu. Kohle wird helfen, es zu vollenden.*

Und Kohletabletten werden helfen, das alles zu verdauen. Man kann natürlich auch eine bekömmlichere und vor allem trinkbare Variante zubereiten. Eine weihnachtsmarktkonforme Gewürzmischung, die niemanden aus der Bahn wirft, sind die im folgenden Rezept erwähnten Basisgewürze. Dazu habe ich eine Erweiterung für Mutige zusammengestellt: Sie greift die klassischen Gewürze eines Schmorbratens auf und hat zumindest den Hauch eines paradoxen Bezugs zum römischen Ursprung. Wer sich übrigens fragt, wie das darin erwähnte „Mastix“ schmeckt: Es handelt sich dabei um das Harz des wilden Pistazien-Strauchs. Ein ähnliches Aroma im Glühwein erreicht man, indem man einen Kiefernzweig eine Weile darin ziehen lässt.

Dank seines hohen Zuckeranteils und der Gewürze ist Glühwein übrigens eine hervorragende Zutat für Schmorgerichte oder Saucen. Und das nicht nur zur Winterzeit.

Küchenwissen mit

BESSERBISSEN

Die kostenlose kulinarische Kolumne. Über 3.500 Leser erhalten sie jeden Samstag pünktlich zum Frühstück. Sei auch du dabei und verpasse nichts.

Mit dem Absenden des Formulars stimmst du den Datenschutzerklärungen zu. Du erhältst außer der Kolumne keine weiteren Mails.

Neue Videos jeden 2. Sonntag um 10 Uhr

Küchenwissen mit

BESSERBISSEN

Die kostenlose kulinarische Kolumne. Über 3.500 Leser erhalten sie jeden Samstag pünktlich zum Frühstück. Sei auch du dabei und verpasse nichts.

Mit dem Absenden des Formulars stimmst du den Datenschutzerklärungen zu. Du erhältst außer der Kolumne keine weiteren Mails.

Weitere Artikel

Mein neues Kochbuch "Küchenwissen mit Besserbissen" ist jetzt vorbestellbar