Teil 39: Samtige Saucenbindung statt massiver Mehlpampe

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Torsten Kluske

Samtige Saucenbindung statt massiver Mehlpampe

Alles fließt. Mal mehr, mal weniger. Der Unterschied zwischen einer Sauce und einem Fond ist die Konsistenz. Es ist nicht der Geschmack. Allein durch Salz und Würze wird eine Brühe noch lange nicht zur Sauce, denn die Bindung macht den Unterschied: Eine Sauce zu kochen heißt, geschmackvolles Wasser am Fließen zu hindern. Ist sie zu flüssig, wird die erste Beschwerde am Tisch nicht lange auf sich warten lassen.

Es geht jedoch auch nicht darum, den Fluss vollends zu stoppen. Wird die Tunke zu dick, sind wir ähnlich empfindlich. Vielleicht sind deswegen Saucen, die mit einer Mehlschwitze gebunden werden, von vielen als „Mehlpampe“ verschrien. Die gruseligste Kombination ist dick und geschmacklos und ich kann mich auch in meiner Kindheit an die ein oder andere Schmajucke erinnern, die eher über das Essen geschmiert als gegossen wurde.

Doch wie konnte es dazu kommen?

Ende des 19. Jahrhunderts, dem Beginn der bis heute nachwirkenden französischen Kochhochkultur, wurden viele Saucen mit einer Roux, also Mehl und Butter, gebunden. Natürlich legte man großen Wert auf geschmackvolle Fonds, die als Basis dienten. Zudem kochte man das Bindemittel sorgfältig aus, damit es den Geschmack nach rohem Mehl verlor.  Das Ergebnis war eine geschmackvolle Sauce mit samtiger Bindung. 

Inspiriert wurden französische Köche, unter Ihnen natürlich auch der große Escoffier, von der spanischen Küche und deren hochwertigen Lebensmitteln. Das erklärt vielleicht auch, wie die Sauce espagnole zu ihrem Namen kam: Es fanden sich für die französische Küche eher ungewöhnliche Zutaten wie Schweinespeck und Tomatenpüree im Rezept.

Leider waren die Zeiten nicht immer so rosig, wie zur Zeit der großen Hotel-Restaurants unter César Ritz und Escoffier. Man sparte im Laufe der Jahre immer mehr hochwertigen aber auch teuren Zutaten für geschmackvolle Fonds und versuchte dies mit übertriebener Bindung zu vertuschen: Die Eingangs erwähnte „Mehlpampe“ war erfunden.

Doch das muss nicht sein. In Gedenken an die guten alten Zeiten der großen Saucen bringe ich die Mehlschwitze wieder ins kulinarische Gedächtnis. Es gibt eine klassische Sauce espagnole, der Basis für die sagenumwobene Demiglace.

📖 Rezept

Sauce Espagnole nach Escoffier

  • 20 g Butter
  • 20 g Speck – klein gewürfelt
  • 2 EL Tomatenmark oder 100 ml passierte Tomaten
  • 30 g Karotten – klein gewürfelt
  • 20 g Zwiebeln – klein gewürfelt
  • 20 g Mehl Typ 405
  • 50 ml Weißwein (halbtrocken)
  • 1,2 Liter dunkler Rinderfond
  • 1 MSP Thymian getrocknet
  • 1 Lorbeerblatt

Die Butter in einem Topf zerlassen und darin bei mittlerer Hitze den Speck anrösten. Tomatenmark, Karotten und Zwiebeln dazu geben und alles ein paar Minuten weiter rösten. Mit Mehl bestäuben, alles gut verrühren und hellbraun anrösten, damit möglichst alle Mehlkörnchen von Fett umgeben sind und ihren „Mehlgeschmack“ verlieren.

Den Bratansatz mit Weißwein ablöschen, diesen annähernd komplett verkochen und dann anfangs wie bei einem Risotto nach und nach den Fond dazugeben. Sobald der Ansatz klümpchenfrei verrührt ist, die restliche Flüssigkeit zufügen.

Thymian und Lorbeer zufügen und alles bis zur gewünschten Konsistenz (auf ca. ¼ der Ausgangsmenge) reduzieren.

Für eine Demiglace kocht man die Sauce weiter ein und gibt währenddessen immer wieder etwas Fond dazu. So konzentriert sich der Geschmack und die Sauce wird nicht zu dick. Kurz vor Ende des Einkochens kommen noch 20 ml Madeira (auf 400 ml Sauce) dazu.

Erst ganz zum Schluss, wenn die Konsistenz perfekt ist, wird mit Salz gewürzt. Andernfalls kann eine vorher gesalzene Sauce durch das starke Einkochen schnell zu salzig werden.

Zum Schluss durch ein Sieb gießen, um Gemüse, Speck und Kräuter herauszufitern. Wie gut die Espagnole wird, steht und fällt mit dem verwendeten Fond. Tipps dazu folgen demnächst.

Eine Glace ist übrigens ein sehr stark eingekochter Fond von sirupartiger Konsistenz. Damit wird das zu servierende Fleisch glanzvoll überzogen, womit auch der Name „Glace“ erklärt ist (vom französischen „glacer“ = glasieren). Im Gegensatz zur Demiglace wird die Glace aufgrund des großen Aufwands nur sparsam und nicht als großzügige Saucenzugabe verwendet.

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