Teil 42: Ein belebendes Tiramisù

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Torsten Kluske

Zur Erfindung des Tiramisù gibt es gleich zwei Geschichten: Eine pikante und eine gemäßigtere. Welche möchten Sie zuerst hören? Das war ja klar. Also die pikante Version zuerst:

Erfunden wurde demnach das heute weltbekannte Dessert Anfang des 19. Jahrhunderts in Treviso, einem idyllischen Örtchen nördlich von Venedig. Doch die Idylle war trügerisch, denn da sich niemand draußen vor der großen Stadt die Füße platt treten wollte, gab es ein als Wirtschaft getarntes Freudenhaus mitten im Zentrum. Eine kluge Maitresse leitete das Etablissement und sorgte sich neben der Fitness auch um die Verpflegung der Gäste und sie gilt als Erfinderin des schon dem Namen nach aphrodisierenden Nachtischs: „Tirame su“ bedeutet übersetzt so viel wie „zieh mich hoch“. Was mit der Speise hochgezogen werden sollte, ist klar: Damit die Gattin keinen Verdacht nach einem sicher ausschweifenden Abend im Herzen Trevisos schöpfte, musste der ein oder andere Ehebrecher nach der Rückkehr noch seinen ehelichen Pflichten nachkommen. Und da half das stärkende Dessert: Eier, Zucker, Espresso und Mascarpone – wenn das nicht zur besseren Ausdauer beiträgt, was dann?

Nicht ganz so frivol ist die zweite Geschichte, daher mache ich es kurz: Um 1939 sagte ein Gast nach dem Verzehr eines Desserts, das dem heutigen Tiramisù ähnlich war: „Ottimo, c’ha tirato su“, übersetzt also: „Großartig, das hat uns belebt“. Langweilig? Finde ich auch. Der Geschichte fehlt einfach der Pfiff.

Ähnlich ermüdend sind die Streitigkeiten verschiedener Regionen um die erste Original-Rezeptur. Bestätigt durch die „Accademia Italiana della Cucina“ tauchte das Dessert 1970 erstmals verbrieft auf der Speisekarte des Restaurants Le Beccherie auf. Doch auch ein Hotel, das Albergo Roma in Tolmezzo beansprucht für sich, die Süßspeise erstmals in den Fünfzigerjahren serviert zu haben. Als Beweis dient eine Rechnung aus dem Jahr 1959.

Wie dem auch sei. Worauf sich die meisten einigen können: Ins Tiramisù gehört kein Alkohol, sondern nur:

📖 Rezept

Für 2 Portionen:

  • 2 Eigelb
  • 80 g Zucker
  • 170 g Mascarpone
  • 10 Löffelbiskuits
  • 2 große Espressi
  • Kakaopulver

Mit einem Handrührgerät Eigelb und Zucker so lange cremig aufschlagen, bis sich der Zucker vollständig aufgelöst hat. Dann nach und nach Mascarpone unterrühren. Die eine Hälfte der Löffelbiskuits kurz von beiden Seiten in den erkalteten Espresso dippen und nebeneinander in eine möglichst exakt passende Schale legen. Mit der Hälfte der Creme bestreichen und das Ganze in einer zweiten Schicht wiederholen. Gleichmäßig mit Kakaopulver bestreuen und mindestens 10 Stunden im Kühlschrank ziehen lassen.

Wenn man mal schlecht drauf ist, zieht einen dieses Rezept ganz ohne Schnäpschen wieder hoch und wer heute noch etwas vorhat, ist bestens gestärkt.

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