Teil 48: Das Salz in der Ursuppe

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Torsten Kluske

Ein gefülltes Ei reist um die Welt.

Wenn sie Ihr Badehandtuch am Toten Meer ausbreiten und dort so alt werden wie Methusalem, werden sie ein besonderes Schauspiel erleben: Sie können im Kleinen beobachten, wie Steinsalz entsteht. Zumindest die Anfangsphase, denn für den gesamten Ablauf wären sogar die 969 Jahre, die Methusalem auf dem Buckel hatte, nur ein Körnchen im Salzfass.

So wie im Toten Meer muss es vor ein paar Milliarden Jahren im Großen zugegangen sein: Vom Urmeer, einer salzigen Suppe, in das durch langanhaltende Regenfälle Wasser und Salz gespült wurde, spalteten sich durch Erdbewegungen Bereiche ab, die keinen Wasserzufluss mehr hatten. Nix ging rein, raus hingegen umso mehr, denn die Sonne brannte gnadenlos und ließ das Wasser verdunsten; bis sich nur noch Salz und andere feste Stoffe am Boden ablagerten. Der Wind blies Sand über das Salz, der Druck durch die oben liegenden Sedimente nahm zu und verdichtete die Natriumchlorid-Schicht. Irgendwann wuchs Gras über die Sache und aus Meer- wurde Steinsalz.

Steinsalz enthält reines Natriumchlorid, auch Halit genannt. Dazu weitere Bestandteile, wie beispielsweise Magnesium und Calcium. Eben all dass, was sich im Laufe der Zeit auf und zwischen den Salzschichten abgelagert hat. Was Steinsalz nicht enthält, ist Mikroplastik, denn das gab es damals nicht. Methusalem ging immer mit einem Jutebeutel zum Einkaufen. Das unterscheidet Steinsalz von Meersalz, also dem Salz, das heute noch aus dem Meer gewonnen wird. Davon gibt es übrigens mehr als genug, man schätzt, dass die Weltmeere 50 Tausend Billionen Tonnen Salz enthalten. Damit könnte man die gesamte Erdoberfläche mit einer 1,5 m hohen Salzschicht bedecken. Im Salz der Meere kann theoretisch all das enthalten sein, was der Mensch im Laufe der Zeit im Ozean versenkt hat. So gesehen ist man mit Steinsalz auf der sicheren Seite. Zumindest, wenn es nicht in eine Kunststofftüte verpackt wurde.

Um den Bogen zum Kulinarischen zu schlagen: Kürzlich las ich einen interessanten Artikel. Er thematisierte die unzähligen Salzsorten, die inzwischen in jedem Supermarkt erhältlich sind, und ihren oft betonten unterschiedlichen Geschmack. Spannend wird es jedoch beim reinen Natriumchlorid selbst, denn es schmeckt je nach Menge anders: Verwenden wir wenig, wirkt es süßlich; nehmen wir viel, wirkt es bitter. Versuche haben gezeigt, dass allein durch die Menge an Salz auf der Zunge sowohl der Rezeptor für Süß (bei geringer Menge), als auch der für Bitter (bei größerer Menge) angesprochen wird. Und so kann zu viel Salz in der Ursuppe durchaus eine bittere Angelegenheit werden, obwohl es sich um ganz gewöhnliches NaCl handelt.

So selbstverständlich wir mit Salz umgehen, so rätselhaft ist es bis heute und daher schließe ich die Kolumne ausnahmsweise mal nicht mit einem Rezept, sondern mit einer wunderbaren Lebensweisheit:

Die Lösung für alles ist Salzwasser: Schweiß, Tränen und Meer.

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Fotocredit: Sebastian Schollmeyer

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