Teil 49: Wunderlauchbutter

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Torsten Kluske

Über den zarten Bruder des Bärlauchs

Es ist nicht immer Bärlauch, der da gerade sprießt und riecht. Ein kulinarisch ebenfalls höchst interessantes Gewächs breitet sich heimlich, still und leise in deutschen Wäldern und Parks aus: Wunderlauch. Man muss nur genau hinsehen und schnuppern.

Wenn die größeren Büsche und Bäume Anfang April noch wenig Blattwerk tragen, nutzt der Wunderlauch die dadurch noch vermehrt auf den Boden treffenden Sonnenstrahlen zur Fotosynthese. Die Zeit ist begrenzt und so strengt er sich bei seiner Vermehrung ordentlich an. In kürzester Zeit bildet er einen riesigen, flächendeckend grünen Teppich. Das hat Gründe, denn sobald der Wald erst sein dichtes Blätterkleid trägt, wird es düster am Boden. Dann verirren sich noch selten ein paar Lichtstrahlen dorthin.

Vor den Horden an durch den Forst pflügenden Bärlauchsammlerinnen und -sammlern ist der Wundelauch noch geschützt. Viele halten ihn einfach für breite Grashalme und ziehen achtlos weiter. Und da er sein Knoblaucharoma wesentlich dezenter an seine Umwelt verströmt, verhält er sich auch olfaktorisch wie der schüchterne kleine Bruder seines vor Kraft nur so stinkenden Verwandten. Kein Wunder, dass der den „Bär“ im Namen trägt.

Doch so wirklich neu ist der zarte Wunderlauch gar nicht. Ursprünglich stammt die Pflanze aus Nord-Iran, Zentral-Asien und dem Kaukasus. Von dort brachte sie vor etwa 200 Jahren der Botaniker Friedrich August Marschall von Bieberstein mit nach Deutschland und nannte sie „Scilla paradoxa“. Angeblich wegen der dem Blaustern (Scilla) ähnlichen Blüten, die der Wunderlauch bildet. Dass diese weiß und nicht blau waren, fand Bieberstein möglicherweise so „paradox“. Vielleicht war er auch einfach ob des Knoblaucharomas leicht verpeilt, denn im Gegensatz zur giftigen Gattung Blaustern, handelt es sich bei seiner Entdeckung um ein sehr bekömmliches Lauchgewächs. Und er hätte drauf kommen können: Es ist – oh Wunder – mit dem Bärlauch eng verwandt. So wurde später das „Scilla“ in „Allium“, also Lauch geädert, der paradoxe Anhang durfte bleiben: „Allium paradoxum“, im weitesten Sinne also „Seltsamer Lauch“.

Aus den botanischen Gärten Berlins fand der sich rasant ausbreitende Wunderlauch schnell seinen Weg hinaus. Hier und da verfing sich ein Samen in der Kleidung und schon Ende des 19. Jahrhunderts bedeckt der das dezent duftende Grün viele Flächen der Hauptstadt. Bis heute ist er daher auch als „Berliner Lauch“ bekannt und mittlerweile in ganz Mitteleuropa beheimatet.

Da das Aroma des Wunderlauchs wesentlich weniger intensiv, als das des Bärlauchs ist, kann man eine ordentliche Menge des Grüns in Gerichten verwenden, ohne dass es zu penetrant wird. Zu viel Hitze mögen die zarten Blätter allerdings nicht so gern, es bieten sich also Zubereitungen an, für die der Wunderlauch nur geschnitten oder gemixt wird: jede Art von Dips, Pestos oder kalten Suppen. Perfekt eignet sich eine aromatisierte Butter:

📖 Rezept

Für 250 g Wunderlauchbutter:

  • 250 g Butter
  • 100 g frischen Wunderlauch (oder Bärlauch)
  • den Abrieb einer Zitrone
  • ½ TL Salz
  • Pfeffer aus der Mühle

Die Butter sollte zimmerwarm sein. Den Wunderlauch mit einem scharfen Messer sehr fein schneiden. Nicht zu stark hacken, da sonst viel Flüssigkeit austritt. In einer großen Schüssel mit einer Gabel die nicht zu weiche Butter mit Wunderlauch, Salz, Pfeffer und Zitronenabrieb sorgfältig vermischen. Alles mittig auf ein großes Stück Frischhaltefolie geben und zu einer großen, länglichen Wurst formen. Diese in die Folie einrollen und anschließend die Enden verzwirbeln, bis das Ganze eine schöne, kompakte Rolle ergibt.

Im Kühlschrank wieder fest werden lassen. Bei Bedarf in Scheiben schneiden, von der Folie befreien und auf eine Scheibe Baguette, eine Portion Nudeln oder das Grillgut geben. Den Rest einfrieren oder eine gute Woche bis zum nächsten Einsatz im Kühlschrank lagern.

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