Teil 11: Sag nicht Naan-Brot

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Torsten Kluske

Für eine wöchentliche Kolumne muss man immer die Augen und Ohren offenhalten. Geht es um Kulinarik, auch den Mund. Gerade im Urlaub, wir sind zurzeit auf Rügen, kann man in dieser Hinsicht viel erleben. Trotz Küche im Appartment gehen wir häufig essen und so waren wir vor ein paar Tagen in einem indischen Restaurant.

Der sehr freundliche Kellner fragte uns, ob wir zu unseren Hauptspeisen etwas „Naan-Brot“ wünschten. Ich wollte gerade anmerken, dass „Naan“ schon „Brot“ bedeuten würde und „Naan-Brot“ somit doppelt gemoppelt wäre. Doch nach fast 30 Jahren bin ich mittlerweile durchaus in der Lage, den Blick meiner Frau richtig zu interpretieren. Vor allem, wenn sie direkt vor mir sitzt. Und dieser signalisierte eindeutig: „Augen und Ohren kannst du von mir aus offenhalten – Schatzi – aber halt den Mund bitte geschlossen“.

Was mir trotz offener Augen und Blick in die Karte nicht aufgefallen war: Auch der Preis für das Brot war doppelt bis dreifach gemoppelt: Auf der Rechnung waren die drei hauchdünnen Fladen mit 7,50 € aufgeführt. Zum Glück ist man bei 6 €, die mittlerweile für einen halben Liter Bier aufgerufen werden, bei solchen Naan-Preisen kaum noch geschockt.

Apropos Bier: Das Wort „Brot“ stammt vom althochdeutschen „prôt“ ab, was sich mit „Vergorenes“ übersetzen lässt. Auch das Urgermanische „brauda“ für Brot lässt noch seine Nähe zu fermentiertem Getreide erahnen und findet sich im heutigen „(Bier)brauen“ wieder. So kommt man schnell auf den alten Kalauer: „Zwei Bier ersetzen eine Mahlzeit und dann hat man noch nichts getrunken“. Dabei steht beim Backen nicht der Alkohol im Fokus, sondern eher das Nebenprodukt der Gärung: Kohlenstoffdioxid. CO2 verwandelt einen dichten und festen Getreideklumpen in luftig, leichte Backwaren, denn die einzelligen Pilze lockern die Krume. Zumindest, wenn man der Hefe etwas Zeit gibt.

Eine viel schnellere Möglichkeit zur Teig-Lockerung entdeckte Dr. Oetker vor 130 Jahren im Versuchslabor seiner Bielefelder Apotheke. Er experimentierte erfolgreich mit einer Mischung aus Natron und Säuerungsmittel. Seitdem verwendet man für die luftige Struktur eines Kuchens anstelle von Mikroben meist Backpulver. Durch Kontakt mit Wasser fängt dieses heftig an zu blubbern und treibt zahlreiche Bläschen in die Masse. Der Vorteil gegenüber Hefe liegt in der enormen Zeitersparnis. Denn im Gegensatz zum langwierigen Gärprozess sollte man den mit Backpulver angereicherten Teig möglichst direkt backen. Die blasenwerfende Wirkung lässt im Laufe der Zeit nach. Das Ganze funktioniert ebenfalls bei Broten, auch wenn die Krume dann eher aus einer Vielzahl von kleinen Bläschen besteht und von der Textur her immer etwas an Kuchen erinnert.

Beim Zubereiten von Naan liegt der Vorteil darin, dass die dünnen Fladen nur wenige Minuten benötigen, um fertig gebacken zu werden. Im traditionellen Tandur, einem Ofen aus Ton, der optisch einem mit der Öffnung schräg nach oben gedrehten Betonmischer ähnelt, lodert dafür ein Holzfeuer in der Mitte. Mit Schwung werden die platten Teiglinge an die heißen Wände geklebt und garen zum einen durch die Kontaktwärme der heißen Wand, zum anderen durch die Strahlungshitze des Feuers. Von den Flammen einmal abgesehen, lässt sich in der heimischen Küche dieser Garprozess mit einer einfachen Stahl-, Eisen- oder Gusseisen-Pfanne simulieren. 📖 Rezept Um das schnelle Backen nicht mit zeitaufwändiger Teiggare auszubremsen, bietet es sich an, anstelle von klassischerweise verwendeter Hefe das erwähnte Backpulver zu nutzen. Es entstehen im Teig dann zwar keine allzu großen Luftblasen, die Struktur im Inneren wird dennoch locker genug. Etwas Joghurt sorgt für eine säuerliche Note und täuscht so die bakteriellen Fermentationsprozesse vor.

📖 Rezept

Rezept für 8 Naan:

  • 500 g Mehl Typ 550
  • 100 g Joghurt (10 % Fett)
  • 250 ml warmes Wasser
  • 1 TL Salz
  • 1 Tüte Backpulver

Alle Zutaten zu einem glatten Teig verkneten, in acht gleiche Portionen teilen und diese zu Kugeln formen. Mit den Händen zu runden, etwa 5 mm dünnen Fladen formen. Wer es dünner mag, nimmt ein Nudelholz. Eine Eisen- oder Gusseisenpfanne bei hoher Hitze (Stufe 8 von 10) aufheizen und die Fladen nacheinander insgesamt etwa 3 Minuten garen. Nach der Hälfte der Zeit wenden. Es sollten einige dunkle, verbrannte Stellen an der Oberfläche entstehen. Das fertig gebratene Naan aus der Pfanne nehmen und sofort mit zerlassener Knoblauch-Petersilien-Butter bestreichen.

Warm genießen und am besten in irgendeine Sauce tunken.

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