Teil 53: Bolognese – Es geht um die Nudel

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Torsten Kluske

Für ein Ragù alla Bolognese gibt es strenge Vorgaben

Ein BBC-Journalist reiste einst nach Bologna, um die besten Spaghetti Bolognese aufzuspüren. Erstaunt entdeckte er, dass diese Kombination aus Nudeln und Sauce zwar weltweit beliebt ist, in den Restaurants Norditaliens jedoch gar nicht auf der Speisekarte steht. Dort serviert man zu einem Ragù alla bolognese bis heute ausschließlich Tagliatelle.

In Bologna nimmt man es mit der Nudel sehr genau, sogar die Maße sind festgelegt. Im Palazzo della Mercanzia, der Handelskammer von Bologna, bewahrt man eine hölzerne Schatulle auf. Darin liegt die „Misura Aurea“, eine goldene Tagliatelle, sozusagen das Maß aller Dinge: Sie verlangt beim Schneiden eine Breite von 6,5 bis 7 mm und nach dem Kochen 8 mm, was übrigens exakt dem 12,27-fachen der Höhe des Asinelli-Turms, dem Wahrzeichen der Stadt, entspricht. Die Dicke darf ungekocht nicht mehr als einen Millimeter betragen, variiert jedoch von Familie zu Familie. Bei der Länge zeigt man sich hingegen tolerant und erlaubt Variationen.

So alt ist das güldene Stück, die Misura Aurea, übrigens noch gar nicht. Das Kästchen mit Gold-Tagliatelle wurde erst 1972 gefertigt.

Eine vermeintlich einleuchtende Erklärung, warum nur die platte Pasta die perfekte Begleitung der Fleischsauce ist, wird ebenfalls serviert: Nur an frischen, flachen Bandnudeln haftet die Sauce ideal. Es ist allerdings nur schwer vorstellbar, dass die Saucenaufnahme verschiedener Pasta-Sorten jemals in wissenschaftlichen Experimenten verglichen wurde *. Trotzdem nimmt man es in Bologna genau: Zur Fleischsauce sind Tagliatelle die einzig wahre Pasta! Und basta!

Neben der Nudel ist auch die Zubereitung der Sauce kein Wunschkonzert. So sah sich die traditionsbewusste „Accademia Italiana della Cucina“ zehn Jahre nach Definition der goldenen Tagliat-Elle am 17. Oktober 1982 gezwungen, ob zu vieler Variationen der Fleischsauce, mit der Faust auf den gedeckten Tisch zu schlagen: Für alle einsehbar wurde die Zubereitung des „echten Bologneser Ragùs“ festgelegt und schriftlich fixiert:

📖 Rezept

Original Ragù alla Bolognese

Für 4-6 Personen:

  • 400 g grob gewolftes, gemischtes Hackfleisch
  • 100 g grob gewürfelten Schweinebauch
  • je eine Möhre, Zwiebel und ein Stück Stangensellerie
  • 200 g pürierte Tomaten
  • 200 ml Fleisch- oder Gemüsebrühe
  • 1 EL Tomatenmark
  • 200 ml Weiß- oder Rotwein
  • 200 ml Vollmilch
  • Salz und Pfeffer zum Abschmecken
  • Etwas Olivenöl zum Anbraten

In einem Schmortopf das Soffritto, also das fein gewürfelte Suppengemüse zusammen mit dem Speck in Olivenöl anschwitzen. Das Hackfleisch zufügen und nur kurz anbraten. Dabei das Fleisch mit einem Schneebesen zerdrücken, sodass es in kleine Stücke zerfällt. Mit Wein ablöschen und diesen verkochen. Das Tomatenpüree und Tomatenmark hinzufügen, umrühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Den Topf ohne Deckel für 2-3 Stunden in den vorgeheizten Backofen bei 160 °C schieben. Bei diesem Schritt verdampft Flüssigkeit und am Topfrand bilden sich aromatische Röststoffe. Diese sollten Sie hin und wieder vom Rand abschaben, damit sie in das Ragù gelangen. Zum Schluss die Milch zufügen.

Falls Sie sich fragen, warum das Bild eine ganz andere Nudel zeigt:

Geht man 100 Jahre weiter zurück, entdeckt man unter „Maccheroni alla bolognese“ ein Rezept des florentinischen Seidenhändlers und Feinschmeckers Pellegrino Artusi. Gericht Nummer 87 beschreibt ein helles Ragù aus Kalb- und Dörrfleisch. Empfohlen werden dazu „Denti di Cavallo“, dickwandige, kurze Makkaroni, die entfernt und mit viel Fantasie an Pferdezähne erinnern.

Während Tagliatelle und Spaghetti um die Gunst der Sauce wetteifern, überholt die kleine dicke Nudel auf der Zielgeraden. Ihr Vorteil: Mischt man sie vor dem Servieren mit dem Ragù, füllt dieses ihre Röhren.

Sind Ihnen die Pferdezähne suspekt, kochen Sie einfach die Nudeln, die Sie immer verwenden. Ich wette, es sind Spaghetti.

*Dieser Frage werde ich nächsten Sonntag auf meinem YouTube-Kanal auf den Grund gehen. Also schaut dort vorbei und abonniert, falls ihr ihn noch nicht entdeckt habt.

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